Auf Grund des besorgniserregende
Rückgang des Europäischen Aals, nahezu im gesamten Verbreitungsgebiet hat
den "Internationalen Rats zur Untersuchung der Meere" (ICES) veranlasst 2006
eine Arbeitsgruppe zu gründen, um Fangzahlen zu sammeln und Ursachen zu
erforschen.
Das Ergebnis übertraf alle Befürchtungen. Innerhalb der letzten zehn Jahre, also
seit 1996, wurden in fast allen Verbreitungsstaaten ca. 50 Prozent weniger
Gelb- und Silberaalen angelandet. Bei der Ursachenforschung stellte man
fest, dass in einem Betrachtungszeitraum
von 1980 bis 1999 der Aufstieg der Glasaale in 19 europ- Flüssen um 95
bis 99 Prozent zurückgegangen. ist. Ein logischer Beleg für die schlechten
Fangergebnisse durch die Fischerei.
Dem Angler dürften diese Erhebungen allerdings nicht überraschen.
Sicherlich gibt es immer wieder einmal Phasen, in denen Fangerfolge
zurückgehen, um aber auch schnell wieder zurück zu kehren. Die Entwicklung
beim Aal zeigt jedoch Kontuität. Waren früher mal Angelnächte mit 10 - 12
gefangenen Aalen nichts ungewöhnliches, sind heute meist Schneidertage die
Regel.
Um die Bestände aber wirkungsvoll zu schützen, bzw. wieder aufzubauen,
müssen aber erst die Ursachen erkannt sein. Hier wurden in den letzten
Jahren einiges zusammengetragen, die da wären:
1. Fischerei (gewerblich)
Besonders im Bereich der Flussmündungen hat sich im vergangenen
Jahrhundert praktisch jeder Fischer auf den Fang von Aalen spezialisiert.
Grund dafür waren die guten Fangerträge und die guten Preise für die
Rohware. Exorbitant hoch wurde der verarbeitete Aal, sprich Räucheraal
gehandelt. Der Räucheraal war noch nie ein "Arme-Leute-Essen", sondern galt
immer schon als Delikatesse. Neben den Haupterwerbsfischern entwickelte sich
auf Grund viel zu leichter Lizensvergabe in Tidegebieten eine immense Anzahl
an Nebenerwerbsfischern. Praktisch in jedem kleinen Dorf in Norddeutschland
gab es mehr oder weniger viele Freizeitfischer, die das Familieneinkommen
mit dem Fang und Verkauf von Aal aufbesserten.
Die Fischerei vereinten meist Fang und Verarbeitung miteinander. Es gab
weder Fangbegrenzungen, noch Mindestmaße, Schutzzonen oder Schonzeiten. Was
an Aalen zu winzig zum Räuchern war, wurde als so genannter Brataal
verkauft.
Reusenfischerei
Um bei guten Preisen die Effizienz zu erhöhen, begann man damit, vermehrt
Aale in Gewässer auszusetzen, die keine Verbindung mit der offenen See
haben. Ein Abwandern zum Laichen war damit für den Aal ausgeschlossen und
jeder dieser See- oder Teichaale war von der Fortpflanzung generell
ausgeschlossen. Nicht nur Fischereibetriebe nutzten diese lebenslange
Zwangsinhaftierung, sondern auch Angelvereine und Verbände.
Ein weiterer Zweig der Fischerei ist die Glasaalfischerei vor den europ.
Küsten und dem offenen Meer. Die winzigen 2 bis 3 Jahre alten Glasaale
wurden tonnenweise abgefischt und vermarktet. Wußte man bis zur 1. Hälfte
des 19. Jahrhundert noch nicht, dass sich aus diesen fingerlangen,
durchsichtigen Winzlingen später mal Aale entwickelten, machte später eine
rasante Preisentwicklung bei den Jungaalen jedes moralische Bedenken
zunichte. Mit dem heutigen Wissensstand mutet es als Verbrechen an die Natur
an, dass damals unmengen von Tonnen von Glasaalen als Schweinefutter
verarbeitet wurden, als Naturdünger auf die Äcker gekippt wurden oder
industriell zu Klebstoff verarbeitet wurden.
In den letzten 25 Jahren wurde der Glasaalertrag zu einem Luxusgeschäft.
Fischmastbetriebe in Amerika und Asien kauften riesige Mengen auf. Ein
großer Teil von Glasaalen landete als Teil als Delikatess, nicht nur in
Asien, sondern auch in der mediteranen Küche, auf die Teller von
Spezialitätenrestaurants. Wenn man bedenkt, dass hunderte von Glasaalen ihr
Leben für eine einzige Vorspeise ihr Leben lassen müssen ...
Nicht zuletzt durch die EU Verordnung zum Schutz des europ. Aal sind die
erlaubten Fangmengen beim Glasaal und auch der Handel damit in den letzten
Jahren stark eingeschränkt worden. Unglaubliche Preisegebote von bis zu 500
€/kg lassen aber befürchten, dass sich mehr denn je eine illegale Fischerei
gebildet hat.
2. Angelfischerei
Natürlich tragen auch die Aalentnahmen der vielen Hobbyangler dazu bei, dass
etliche Individuen nicht die Sargasso See erreichen. Allerdings muss man den
Anteil als eher gering einstufen. Dazu kommt, dass der Angler bei schlechten
Fangergebnissen automatisch sein Interesse auf das Nachstellen dieser
Fischart reduziert. Eine sinnvolle Regulierung durch Gesetze und
Verordnungen, wie derzeit die Mindestmaßanhebung oder Fangbegrenzungen, sind
akzeptabel, verlieren aber etwas an Wirkung, da sich sehr viele Angler bereits aus
eigenem Antrieb zur besonderen Umsicht beim Aalangeln entschlossen haben. Weitere
Einschränkungen bis hin zu völligen Fangverboten halte ich für nicht
förderlich.
Anders als z.B. in den Niederlanden oder auch Schweden sind in
Deutschland viele Angler in Vereinen organisiert und tragen mit Besatz- und
Gewässerschutzmaßnahmen erheblich zur Artenvielfalt der Gewässer bei.
Entzieht man dem Angler die Möglichkeit, einen Aal zu fangen und zu
verwerten, wird mittelfristig das Interesse nachlassen, viel Geld in Flächen
deckenden Besatz mit Jungaalen zu investieren. Zukünftige Besatzmaßnahmen sollten
nötigenfalls aber noch mehr auf Sinnhaftigkeit überwacht werden, was ja ebenfalls
durch die EU Verordnung festgeschrieben ist.
3. Natürliche Feinde
In der Fauna steht der Aal natürlich nicht am Ende der Nahrungskette.
Bereit bis zum Jugendalter werden viele Aale von Anderen gefressen. Teils
von Wasserlebewesen wie unseren Raubfischen, die offensichtlich auch den
hohen Nährwert des fettreichen Aals schätzen. Dazu kommen aber auch
Wollhandkrabben, die sich aber eher kleinere Aale schnappen.
Auch Wasservögel, besonders der Kormoran, stellen dem Aal gerne nach.
Speziell beim Thema Kormoran gehen die Meinungen bezüglich der Schäden weit
auseinander. Tierschützer sehen die Auswirkungen logischerweise viel
geringer, als die so genannte "Konkurrenz", der Fischer, Teichwirte und
Angler. Besonders das mittlerweile zu beobachtende Massenauftreten dieser
Vogelart weckt argwohn.
Kormorane jagen an größeren Gewässern meist im
Verband
... und das überaus erfolgreich, wie man sieht
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Ich persönlich habe als Freizeitkapitän und Angler viel Zeit mit
Beobachtungen verbracht und möchte behaupten, dass Kormorane bevorzugt Jagt
auf Aale machen, wenn sie eben da sind.
Sehr gut zu beobachten ist es an unseren Emswehren, wo sich
meistens mehrere dieser Vögel in den Stromschnellen des Unterwassers
einfinden und gemeinsame Jagd machen. Mit etwas Geduld und mit
ein wenig Deckung vor diesen scheuen Vögeln kann man hier auch den
Erfolg der Jagd ausmachen. Hier sind es leider fast ausschließlich
Aale.
Den Schwarm Kormorane auf dem oberen Bild habe ich im
"Beulakerwiden", einem niederl. Naturreservoire beobachtet. es waren
ca. 250 Tiere, die mit ihrer Treibjagd äußerst erfolgreich waren.
Kormorane schlucken ihre Beute meist schon unter Wasser herunter.
Beim sich lebhaft windenden Aal ist dieses durchaus schwierig. Darum
ist es auch erklärbar, dass man meistens Aale als Beutetiere sieht.
Am Ijsselmeer habe ich schon Kormoranschwärme von über 1000 Tiere
beobachtet.
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4. Gewässerbeeinflussungen durch Menschenhand
Hiermit sind z.B. Querverbauungen, Wasserkraftanlagen, Wasserstraßeausbau
und -nutzung, aber auch Abwassereinleitungen, Gewässerverschmutzungen ect.
gemeint. In den letzten Jahren sind zusätzlich noch Offshore
Windkraftanlagen mit den entsprechenden Zuleitungen hinzu gekommen. Bei
letzteren kennt man die Auswirkungen auf den Aal und auch auf andere
Wasserbewohner noch nicht. Fakt ist aber, dass gerade der Aal Magnetfelder
wahrnimmt und möglicherweise empfindlich auf Elektromagnetfelder von
Windgeneratoren und Elektrokabel reagiert. Auch alle anderen Verbauungen an
Gewässern haben eine zu großen wirtschaftlichen Hintergrund, als dass man
sie einfach zurückbauen könnte. Hier gibt es aber viele Möglichkeiten, eine
Schädigung für Tierwelt, insbesondere Aal stark zu verringern.
An den Wasserkraftanlagen z.B. der Weser haben Forscher in Verbindung mit
den Ingenieuren der Betreiberfirmen ein Frühwarnsystem bei einsetzen des
Wandertriebs entwickelt, welches Wasserturbinen herunterfahren oder stoppen
kann. Wehre müssen grundsätzlich mit Fischtreppen bzw -steigen ausgerüstet
sein oder müssen nachgerüstet werden.
Auch bei der Gewässerverschmutzung sind große Fortschritte gemacht worden
und weitere werden folgen. Ein großes Problem sind aber Altlasten, die sich
in den Sedimenten des Bodengrund abgelagert haben, illegale Einleitungen und
auch Chemieunfälle. Gerade der Aal als reiner Bodenfisch bekommt diese
Altlasten am Gewässerboden besonders zu spüren. Außerdem speichert er als
Fettfisch viele chemische Verbindungen, wie PCB, Blei, Quecksilber Zyanide,
Cadmium, sowie viele andere schädliche Kohlenwasserstoffverbindungen aber
auch Pestizide, Phospate und Nitrate der Landwirtschaft besonders nachhaltig
ab.
5. Parasiten und Fischkrankheiten
Der Schwimmblasenwurm wurde Anfang der 80er Jahre über Besatzfische aus
China nach Europa eingeschleppt. Er verbreitete sich rasend schnell
besonders bei der Population Aal. Man schätzt, dass regional
unterschiedlich, im Mittel etwa 70 % aller Aale befallen sind. Die Art des
Befalls und die tatsächliche Schädigung kann dabei unterschiedlich sein. Es
gilt aber als sicher, dass mind. 10% der befallenen Aale so stark geschädigt
sind, dass sie die Wanderung durch die Tiefsee des Atlantiks nicht
überstehen.
Die Vermehrung dieses Parasit geschieht
durch Ausscheidungen der Eier im Kot der Wirttiere. Die Eier werden von
Kleinsttieren, wie dem Hüferling oder Ruderfusskrebs gefressen. In diesen so
genannten Zwischenwirten entwickeln sich diesen Eier zunächst zu Larven, diese
sind erstmal
inaktiv. Erst wenn sie vom Aal gefressen werden sprechen sie auf ein
besonderes Sekret des Aals an und werden aktiv. Larven die von anderen
Kleinfischen gefressen werden bleiben ebenfalls inaktiv. Man spricht hier
von Stapelwirten. Erst wenn der
Kleinfisch mit Larven im Magen des Aal zersetzt wird, kommt dieses Sekret
hinzu und auch diese Larven werden aktiv und es entstehen neue
Schwimmblasenwürmer
Einem neusten Bericht zur Folge ist nachgewiesen worden, dass gerade die
derzeit massenhaft auftretende Schwarzmaulgrundel als Jungfisch besonders
viele Hüferling oder Ruderfusskrebs frisst und damit für den Aal eine
tickende Zeitbombe darstellt.
Im Inneren des Aals schädigt der Schwimmblasenwurm besonders Nieren und
Schwimmblase. Der Aal stirbt daran zwar nicht, wird aber dermaßen stark
geschädigt, dass die lange Wanderung zu seinen Laichgründen nicht übersteht.
Auch ohne Verschwörungstheorien aufstellen zu wollen, macht mich
besonders die zeitliche Abfolge, das Auftreten des Schwimmblasenwurm und
Rückgang der Glasaale sehr nachdenklich.
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Schwimmblasenwurm
Hüpferling (Cyclops) Quelle beider Fotos:
Wikipedia
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Neben dem Schwimmblasenwurm gibt es noch einige andere Parasiten. Die
Evolution schafft es aber meistens, dass der befallene Wirt entsprechende
Abwehrstrategien entwickelt. Im Zuge der Globalisierung wird dieses aber
immer schwieriger und vor allem langwieriger.
Als Fischkrankheiten, können u.a. die Aalrotseuche oder die
Blumenkohlkrankheit dem Aal zusetzen.
6. Globale Klimaerwärmung
Grundsätzlich wäre für unseren Aal ein wärmeres Klima sicherlich erstmal
unproblematisch. Der Fisch liebt eher wärmeres Wasser, auch Gewitter und
Starkregen wären für sein Leben in unseren Gewässern eher förderlich. Ein
nicht zu unterschätzender Aspekt ist allerdings die Wanderung zur Sargossa
See, bzw. der Weg der Aallarven zurück nach Europa. Bekantlich benötigen
besonders die Larven unbedingt den Golfstrom des Atlantiks, mit dem sie nach
Europa zurück gedrifftet werden. Wissenschaftler sprechen jedoch davon, dass
durch das Abschmelzen des Polar- und des Gletschereises sich der Golfstrom
entscheidend verändern könnte. Das tritt sicherlich nicht schlagartig von
heute auf morgen auf sondern verläuft langsam. Möglicherweise hat sich in
unseren Weltmeeren bereits etwas verändert, was es dem Aal erschwert, den
richtigen Wanderweg zu finden. Dabei ist es auch uninteressant, ob dieses
bei der Wanderung zum Laichen oder zurück geschiet.
Mein abschließendes Fazit bezieht sich natürlich nur bedingt auf
wissenschaftlich vorgegebene Zusammenhänge, dafür aber um so mehr auf meinen gesunden Menschenverstand und langjährige
Erfahrung.
Punkt 1
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Bei allem ungläubigen Entsetzen muss man allerdings auch eingestehen,
dass der oben beschriebene Naturfrevel längst vergangener Zeiten sich kaum
auf die Bestände des Anguilla anguilla ausgewirkt hatte.
Zur heutigen Situation müssen also noch andere Faktoren beitragen.
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Punkt 2
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Auch angewandte Praktiken und Verhaltensweisen der Angler sind nicht
ausschlaggebend für den Rückgang der Population.
Man darf aber auch nicht alles so abtun, als hätten wir überhaupt nichts
damit zu tun. Wir Angler stehen für Natur- und Tierschutz und sollten mit
gutem Beispiel voran gehen. Das bedeutet, sich mit der Problematik
auseinander setzen, Sinnvolle Einschränkungen akzeptieren und die
vorhandenen Bestände wie ein Kleinod pflegen und beschützen.
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Punkt 3
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Wer Tierschutz leben will muss auch ein Freund der Tiere sein und da
spielt es keine Rolle, wenn Mensch und Tier in Beutekonkurrenz stehen. Der
Fortbestand der Nahrungskette gehört zur Natur dazu und sollte auf keiner
Agenda für bestandserhaltende Maßnahmen stehen.
Trotzdem wird es nicht immer möglich sein, der Natur ihren freien Lauf zu
lassen. Bei Tieren ohne natürliche Feinde, wie z.B. den Kormoran, muss es
erlaubt sein bestandsregulierend im Sinne der Artenvielfalt einzugreifen.
Verantwortlich für den Rückgang der Aale sind aber weder Kormoran, noch
andere Jäger aus dem Tierreich.
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Punkt 4
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Zu einer Industrienation gehört es dazu, dass bis zu einem gewissen
Punkt auch Einschnitte im Naturablauf geduldet werden. Das muss aber in
einem gegenseitig vernünftigen Konsenz stehen und wird auch in der Regel
Geld kosten.
Selbst wenn man alle negativen Einflüsse der Industrialisierung zusammen
rechnet, reicht dieses jedoch nicht aus, die natürliche
Bestandsproduktivität des Aals so weit zurück zu setzen.
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Punkt 5
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Parasiten und Krankheiten wurden im Zusammenhang mit dem Aal bisher noch
nicht Thematisiert, wie es vielleicht nötig wäre. Jüngste Beispiele beim
Menschen, wie Ebola, Zika-Virus, Hühnerpest, Schweinegrippe sollten jedoch
zu bedenken geben. Im Zuge der Globalisierung wird die Evolution
offensichtlich mit der Vielfalt der Schädigungen nicht mehr fertig.
Für mich persönlich ist diese Bedrohungsform möglicherweise eines der
Hauptgründe, des ganzen Desasters.
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Punkt 6
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Auch bei den Auswirkungen des Klimawandels, sehe ich eine riesiges
Gefahrenpotential. Ob sich das Ganze bereits jetzt und heute niederschlägt,
vermag ich allerdings nicht einzuschätzen. Ganz ausschließen würde ich das
aber auch nicht.
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