Es war so Anfang der 90er Jahre. Mit meinem Freund Holli hatte ich
eigentlich so jede Gewässer im Umkreis von 200 km nach guten Angelstellen
abgegrast. Mal mit gutem, mal mit weniger gutem Erfolg. Es war einfach mal
wieder Zeit, was neues auszuprobieren.
Ich erinnerte mich dabei an einem Kurzurlaub mit meiner Frau, der uns mit
dem Wohnwagen nach den Benelux Ländern geführt geführt hatte. Genau genommen
ins belgisch Flandern, in die Nähe von Turnhout. Wir hatten dort einen
schönen Stellpatz, direkt an einem kleinen Kanal gefunden. Natürlich habe
ich bei solchen Kurztrips auch immer meie Angeruten dabei und konnte Nachts
dort einige schöne Aale überlisten. Das dichte Netz der belgischen Kanäle,
bei geringem Schiffsverkehr ist angeltechnisch ein Traum. Eine Angellizenz
vom Postamt kostet fast nichts, die Leute dort sind nett und unkompliziert
und es gab dort total leckere "Original Flamse Fitten".
Holli und ich hatte ein langes Wochenende, das Wetter schien prima zu
werden und so fasten wir spontan einen Entschluss:
Wir versuchen es mal im
belgischen Flandern !
Wie gesagt, langes Wochenende. Freitag um 14.00 Uhr saßen wir im Wagen.
Um 16.00 Uhr standen wir schon am Postschalter von Turnhout, um uns unsere
Lizenz zum Angel zu kaufen. Eine Stunde später waren wir schon dabei, unsere
Nachtunterkunft und unsere Angelgeräte zusammen zu bauen.
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Argwöhnisch begutachtete Holli meine neuste Errungenschaft. Ich hatte mir
elektr. Bissanzeiger zugelegt. Die damals noch sehr teuren Optonics waren es
zwar nicht, dafür aber eine preiswerte Alternative.
Das technische Prinzip - einfach aber wirkungsvoll. Das kleine Teil wurde
mit einem Gummiband am Griff der Angelrute befestigt, die Angelschnur wurde
an einem Clip festgeklemmt. Bei einem Anbiss und Zug auf die Angelschnur
wurde eine feine Achse bewegt, die wiederum einen Kontakt schloss. Eine
kleine 9 Volt- Blockbatterie erzeugte daraufhin eine Piepston. Per
Knopfdruck konnte das Piepsen wieder abgeschaltet werden. Echt feine
Technik, nur geholfen hat es mir erstmal nichts. Lediglich zwei kleinere
Aale gingen an die Angel mit Leuchtpose, aber ohne Piepser.
Am nächsten Morgen musste ich noch einige Einkäufe tätigen und entdeckte
dabei wie zufällig einen superschönen mittelgroßen See. Dort befand sich
auch eine Fischerhütte, mit etlichen belgischen Anglern. Meine mageren
niederländischen und deren guten deutschen Sprachkenntnisse machten eine
Unterhaltung leicht und so erfuhr ich:
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Vereinsgewässer
Tagesgastkarte 2 DM / Wochenschein 7 DM
äußerst guter Fischbestand an Brassen, Karpfen u. Aal
in der Fischerhütte lecker gezapftes belgisches Bier
und dazu auch noch eine ausgesprochen nette Wirtin.
Bei unseren Angelplatz am Kanal angekommen brauchte ich
Holli nicht lange zu überreden. Ruckzug war unser Lager am Kanal abgebrochen
und etwas später saßen wir an der Theke der Fischerhütte bei einem kühlen
Bier und einem sehr angenehmen Schnack mit Lydia der Wirtin.
(Äähm, wir mussten ja schließlich bei ihr die Angelscheine kaufen)
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Zum Angeln sind wir irgendwann auch noch gekommen. Gegen Abend rückten
dann noch etliche Karpfenspezies an, die wohl auch eine Nachtschicht
eingeplant hatten. Grundsätzlich habe ich nichts gegen die Karpfenangler,
den Futterneid kann bei den unterschiedlichen Zielfischen kaum aufkommen.
Mich stört wohl das dauernde Gepiepse von deren Optonics, was Nachts ja
bekanntlich noch lauter schallt.
Wir hatten jedenfalls unsere Grundruten ausgelegt und - warum auch immer
- befiel uns recht früh am Abend bleiernde Müdigkeit und irgendwann, noch
vor Mitternacht muss erst Holli und kurze Zeit später ich am Wasser
eingeschlafen sein. Ich wurde wach, als gerade die Sonne aufging. Ursache
dafür war aber ein Geräuschpotpourie aus Hollis Schnarchen und ein nerviges
Piepsen. Ich brauchte schon einen Augenblick, um den Durchblick zu bekommen.
Das Piepsen kam von meinem Bissanzeiger. Als ich den Signalton per
Knopfdruck quittiert hatte hörte ich von der gegenüberliegenden Halbinsel
ein mehrstimmiges, erleichtertes
"Gooood verdammig !"
Später beim Frühschoppen an Lydias Theke haben wir die bemitleidenswerten
Karpfenangler dann auch getroffen. Sie beklagten sich, dass das Gepiepse von
meinem Bissanzeiger sie wohl die ganze Nacht völlig entnervt hatte. Nach
Bestellung der nächsten Runde Bier konnte ich die Deutsch - Belgische
Freundschaft jedoch einigermaßen wieder herstellen.
Das Fangergebnis fürs Wochenende war zwar nicht so berauschend, trotzdem
sind wir in den folgenden Jahren immer wieder mal zu dem schönen See nach
Belgien gefahren. Meinen Ruf hatte ich dort natürlich weg und mehr als
einmal musste ich mir auf flämisch den Spruch anhören:
"God verdammig, met u piept
het"
(frei übersetzt - Gott verdammt, bei dir
piept's wohl)
© Harald Will (Febr. 2006)
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