Zu einer langjährigen Anglerkarriere gehören sicherlich auch Erlebnisse,
an denen man sich nicht so gerne zurück erinnert. Die nachfolgende Geschicht
hat bei mir sogar ein Trauma ausgelöst, was ich sicherlich nicht mehr los
werde.
Wir hatten mit unserem Schiff mal wieder am Ufer meines Lieblings - Aal -
Gewässers festgemacht. Es war Frühjahr, Ende April und die beste Zeit für
eine erfolgreiche Aalnacht. Ich hatte es mir auf dem Achterdeck gemütlich
gemacht, Döschen Bier, etwas Musik von der CD und rundum ein Gute - Laune -
Gefühl. Meine beiden Ruten waren mit Leuchtposen bestückt und am Haken hatte
ich frische Dendrobenas. Ich wartete auf den Einbruch der Dunkelheit und den
ersten Biss.
Lange musste ich nicht warten. Die Sonne war gerade untergegangen,
da bewegte sich die erste Leuchtpose. Erst vorsichtig, dann tauchte sie ganz
weg. Ich wartete noch ein paar Sekunden und setzte den Anschlag. Jau, sitzt,
nur mit Mühe bekam ich den Burschen vom Grund hoch. Dass wird doch wohl
keine Brasse sein? Im Dämmerlicht sah ich nach einer Weile, keine Brasse,
sondern ein wirklich guter Aal, knapp ein Kilo schwer. Der Unterfangkescher
musste beim Anlanden helfen. An Deck, das Vorfach durchgeknipst und der
stattliche Schlängler kam in mein Spezialkescher. Ein geräumiges und äußerst
stabiles, feinmaschiges Wäschenetz habe ich am oberen Rand mit einem
Kunststoffring versehen und so als Aalkescher zweckentfremdet. Mit einer
daran befestigten Leine konnte ich das Ganze Außenbords ins Wasser hängen.
Prima, so konnte es weitergehen und das tat es dann auch. In regelmäßigen
Abständen tauchte einer der beiden Leuchtposen ab und fast bei jedem
Anschlag zappelte ein guter Aal an der Angel. Der ganze Zauber dauerte bist
halb Zwölf, dann war Schluss. Kein Biss mehr. Zufrieden packte ich meine
Angelsachen zusammen und suchte die Koje auf. Ich hatte mitgezählt, 12 dicke
Aale, keiner unter ein dreiviertel Pfund.
Morgens nach dem Frühstück musste ich meiner Frau natürlich den Fang
zeigen. Das Anheben des Keschers war, auf Grund des Gewichtes, schon etwas
schwierig. Ich denke, es waren 5 bis 6 Kilo Aal gewesen sein.
In Anbetracht dessen, dass die kommende Nacht womöglich genauso
erfolgreich wird, entschloss ich mich, den Fang umzupacken. Dazu hatte ich
eine weiteres Netz, aber ohne Abschlussring, dafür aber mit einer Leine zum zuschnüren.
Dicht verschlossen konnte ich Netz mit Beute in einem speziell dafür vorgesehenen
Wasserkasten in der Badeplattform des Schiffes verstauen.
Meine Frau hatte nun die Aufgabe, das Netz festzuhalten, damit ich die
gefangenen Aale umschütten konnte. Der herabtropfende Schleim der Fische
würden natürlich auf dem Bodenbelag des Achterdecks eine ziemliche Sauerei
verursachen. Ich wies meine Frau daher an, das Netz außerhalb der Reling zu
halten. Ich steckte sicherheitshalber den Ring des Keschers in die Öffnung
des anderen Netzes und es sollte ein leichtes sein, die Aale so
umzuschütten. Durch das Gewicht, der nach vorne rutschenden Fische glitt
allerdings der Ring aus die Öffnung und mit einem außerordentlich hässlichem
pluub, pluub, pluub, pluup beförderte ich meinen gesamten Fang wieder in die
Freiheit zurück. Ich konnte noch deutlich sehen, wie einige von ihnen sich
freundlich mit dem Schwanz wedelnd von mir verabschiedeten.
Ich war erstmal wie gelähmt und sprachlos. dann erfasste mich die Wut,
über meine eigene Dämlichkeit. Meine Frau sagte nichts, legte das leere Netz
beiseite und verzog sich erstmal unter Deck, sicherheitshalber. Ich ließ
mich in einen Stuhl fallen und mir war schlecht.
Bei diesem Fang hat der Umzug ins andere Netz
offensichtlich geklappt
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Später versuchte meine Frau mich zu trösten. "In der kommenden Nacht
fängst doch neue." Was für ein Trost, aber nach zwei Schnäpschen zur
Beruhigung
konnte ich mich ein wenig mit diesem Gedanken anfreunden.
Die folgende Nacht brachte dann das, was eigentlich zu diesem Erlebnis
passte. Es gab nicht einen Biss. Als Schneider beendete ich das Wochenende,
das so viel versprechend begonnen hatte.
Bis zum heutigen Tage habe ich noch niemanden von diesem peinlichen
Vorfall erzählt. Auch meine Frau, die sonst eigentlich auch schon mal recht
zynisch sein kann, hat dieses Thema nie mehr angesprochen. Nun ja,
dieses Waterloo liegt nun schon einige Jahre zurück und ich habe meine
Lehren daraus gezogen. Aale umquartieren - entweder nur an Land oder
wenn sie bereits tot sind.
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© Harald Will (April 2008)
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